Gutes Anforderungsmanagement - Teil 1

Sieben Fallen, die der Requirements Engineer kennen und meiden sollte

In den kommenden Artikeln möchte ich sieben Fallen vorstellen, die ein Requirements Engineer (RE) kennen und vor allem meiden sollte.

Ein RE, der sich diese möglichen Fallen bewusst macht, spart dem Projekt Geld, Zeit, und bereichert es durch Professionalität.

Zunächst einmal gehe ich aber der Frage nach: Wofür gibt es Requirement Engineers?

Kurz und salopp gesagt: um unklare Anforderungen zu beseitigen.

Direkt vor Projektbeginn unklare Anforderungen beseitigen!

Eine der Hauptaufgaben eines Requirement Engineers ist es vor Projektbeginn u.a.:

  • die initiale Bestandsaufnahme des Projektumfelds (auch im agilen) durchzuführen,
  • Ziele des Produkts und dessen Nutzen zu ermitteln,
  • die Stakeholder zu ermitteln,
  • den Systemkontext und -grenzen zu bestimmen sowie
  • die Qualitätsanforderungen zu identifizieren.

Versäumt es der RE diese Aufgaben sorgfältig und ausführlich zu bearbeiten, bleiben Anforderungen unklar.

Zur Einarbeitung in neue Projekte ist es hilfreich Beobachtungstechniken wie z.B. Apprenticing anzuwenden. Hierbei wird der RE wie ein Lehrling eingearbeitet. Diese Technik ist vor allem hilfreich, um den Fachjargon kennenzulernen. Darüber hinaus können durch diese Beobachtungstechnik ineffiziente Prozesse identifiziert und Arbeitsschritte hinterfragt werden.

Eine gründliche Einarbeitung ist wichtig, da die Software eng mit Geschäftsprozessen verwoben ist. Ist die Planung der neuen Software zu weit fortgeschritten, lassen sich die Geschäftsprozesse nur noch schwer ändern.

Im Arbeitsalltag angekommen, warten auf den RE zahlreiche Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Auf sieben Herausforderungen möchte ich in den kommenden Beiträgen näher eingehen.

Falle 1: Unnötige Meetings & Diskussionen

Der Requirements Engineer sollte sich folgende Punkte vor Augen führen:

  • Jede Debatte, die nicht in fünf Minuten beigelegt werden kann, kann nicht durch diskutieren gelöst werden. (Kent Beck)
  • Bestimmte Charaktere beeinflussen sowohl die anderen Gruppenmitglieder als auch das gemeinsam erarbeitete Ergebnis negativ. In einem Artikel von bild der wissenschaft online werden folgende Charaktere benannt, die negativen Einfluss auf die Gruppe ausüben:
    • Selbstdarsteller
      Der Selbstdarsteller macht die Gruppe ratlos und stumm.
    • Soziale Faulenzer
      Der soziale Faulenzer vertritt die Meinung, dass die anderen „es schon richten“ werden. Er bringt sich kaum in Diskussionen ein und wirft nur ab und an Kommentare ein, die für die Gruppe nicht zielführend sind. Problematisch ist, dass die Gruppe nur sehr schwer soziale Faulenzer von tatsächlich zurückhaltenden aber bemühten Mitarbeitern unterscheiden kann, da beide Charaktere wenig zur Diskussion beitragen.
      Die Gruppendynamik wird zusätzlich gestört, wenn eigentlich engagierte Kollegen sich zurücknehmen, da sie es nicht einsehen, dass andere für ihre Arbeit die Lorbeeren ernten.
    • Narzisst
      Den Narzissten erkennt man daran, dass er sich gern zum Gruppenleiter „ernennt“. Unter narzisstischer Führung verschlechtert sich die Gruppenleistung, da die Gruppenmitglieder weniger Informationen untereinander austauschen, und unterschiedliche Informationen weniger in der Gruppe thematisiert werden.

Allgemein ist in Gruppen zu erkennen, dass es oftmals nicht mehr um die beste Lösung geht. Dies tritt auf, wenn Menschen sich in eine Idee verrannt haben. Lieb gewonnene Ideen, in die viel Zeit, Gefühle und Geld investiert wurden, werden, obwohl alle objektiven Argumente dagegen sprechen, weiter verfolgt.
Dieses Dilemma wird gelöst, indem die Gruppenmitglieder die Rolle eines neutralen Beobachters einnehmen. Es ist nämlich viel leichter Lösungen zu verwerfen, wenn man das Gefühl hat für vorherige Entscheidungen nicht verantwortlich zu sein.

Lösungsvorschläge für den Arbeitsalltag

Um eine Gruppe optimal zu leiten, bieten sich verschiedenste Moderationstechniken an. Doch warum ist es überhaupt wichtig eine Gruppe zu moderieren?

Wir haben gesehen, dass eine Gruppe aus unterschiedlichen Charakteren zusammengesetzt ist, und nur selten kann eine Gruppe ohne Moderation das optimale Ergebnis erarbeiten. Darüber hinaus entwickelt eine Gruppe, auch wenn sie optimal zusammengesetzt ist, eigene Dynamiken, die selten zur optimalen Zielerreichung führen http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=32911270

Eine gute Moderation macht den Auftrag/das Ziel für jedes Gruppenmitglied transparent, jedes Gruppenmitglied erhält Raum, um eigene Ideen einzubringen und sie dient dem Austausch sachlicher Fakten. Beherrscht ein Moderator seine Aufgabe, wird er Diskussionen, die offensichtlich nicht beigelegt werden können, beenden.

Wie wir sehen, ist die Moderation eine Form der Gruppen-Leitung, auf die der Requirements Engineer zurückgreifen kann. Techniken gibt es zahleiche, bspw.:

Über die Moderation hinaus bietet es sich an, die Effizienz der Meetings an sich zu überprüfen. Folgende Punkte helfen, um Meetings effizienter zu gestalten:

  • Verknappen Sie die Meeting-Zeit – so können ausufernde Meetings gar nicht erst entstehen.
  • Stimmen Sie vorab die Agenda ab, bereiten Sie die relevanten Unterlagen vor und beschränken Sie sich auf das Wesentliche.
  • Laden Sie rechtzeitig zu Meetings ein (mit Orts- und Zeitangabe sowie der Dauer).
  • Moderieren Sie.
  • Besprechen Sie nur Themen, die für den Adressatenkreis interessant sind.
  • Führen Sie gemeinsam Regeln ein, z.B. Regeln, die das Zu-Spät-Kommen reglementieren.



Literatur

Evidence for a Collective Intelligence Factor in the Performance of Human Groups, Science 330, 686: Wooley et al. (2010)

Jetzt teilen: