Canvas - Kann was!

Gute Übersicht für alle Beteiligten

Stehen ein Moderator und vier Stakeholder vor einer Leinwand. Sagt der eine: „So und jetzt machen wir mal alles sichtbar.“ Klingt wie ein Witz? Ist es aber nicht. Denn Canvas kann das!

Sagen wir mal, der Moderator heißt Benno: Er ist nicht nur der Moderator, sondern gleichzeitig auch Anforderungsmanager des bevorstehenden Projekts. Mit Benno zusammen im Raum stehen Jens von der Buchhaltung, Inge aus der Kundenbetreuung, Mirko, der als Programmierer in der IT-Abteilung arbeitet und Luise aus der Geschäftsführung. In ihrem Arbeitsalltag haben alle vier nur selten miteinander zu tun, aber dennoch haben sie ein gemeinsames Interesse: Die nun geplante Software-Erweiterung in der unternehmenseigenen IT-Struktur. Inge wird vornehmlich damit arbeiten, Jens braucht eine Schnittstelle, Luise will sichergehen, dass es in die Unternehmens-Strategie passt und Mirko ist mit seinem Team für die Umsetzung zuständig. Deswegen hat Benno heute alle zusammengeholt und eine fast leere Leinwand vorbereitet. Fast leer, weil zumindest schon eine sinnvolle Unterteilung vorgenommen wurde. Das gibt der bevorstehenden Diskussion etwas Struktur. So wie man es auch aus dem klassischen Requirements Engineering kennt.

Neben der Leinwand liegen viele bunte Klebezettel bereit. Die Anforderungsleinwand, auch Anforderungscanvas genannt, wird als Hilfsmittel für einen kompakten Einstieg in ein neues Thema genutzt. Schlicht für eine initiale Ermittlung der Anforderungen. Die große Fläche bringt den Vorteil mit sich, allen Beteiligten ein gemeinsames Verständnis von einem Projektvorhaben zu visualisieren. 

Oft gibt es in Unternehmen Vorlagen zur Erstellung der fachlichen Anforderungen. Die Gliederung dieser Vorlage kann den ersten Input zur Aufteilung auf dem Anforderungscanvas bieten. Die Benennung der Bereiche sollte analog zu der Vorlage sein, so dass sich jeder Teilnehmer schnell zurechtfinden kann.

Wie läuft der Termin ab?

Nun stehen Benno, Jens, Inge, Mirko und Luise also vor der Leinwand. Die Stühle hat Benno vorab an den Rand geräumt. Es diskutiert sich eben besser im Stehen und die Motivation selber Zettel anzukleben ist viel höher. Kurz und prägnant erklären Jens und Inge, was ihnen eigentlich wichtig ist.

Daraus ergeben sich Stichworte, die nun alle Anwesenden verstehen. Dank Klebezettel und Board sind sie auch schnell visualisiert. Mirko hat schon jetzt ein besseres Verständnis worauf es bei der Umsetzung ankommt und erklärt den anderen, welche Herausforderungen er bereits erkennt und was wiederum ihm aus seiner Position heraus wichtig ist. Luise hört erstmal zu, bis Benno sie anspricht: 

„Luise, du bist heute indirekte Betroffene, wie blickst du darauf?“ Luise stellt schnell fest, dass sie vorher gar nicht so richtig verstanden hatte, welche Bedürfnisse die einzelnen Abteilungen bei diesem Projekt eigentlich haben. Sie schaut auf die Klebezettel und erklärt dann, warum die Unternehmens-Strategie auch mitgedacht werden muss. Und wenige Minuten später geht Benno einen Schritt zurück, während Jens und Mirko gemeinsam Zettel umhängen, dabei Luise Rückfragen stellen und Inge weitere Klebezettel vorbereitet. Als die Gruppe ins Stocken gerät, tritt Benno wieder in die Mitte und stellt ganz gezielte Fragen …

… und eine Stunde später stehen die fünf im Halbkreis vor dem Board, schauen drauf und nicken. 

Und warum das Ganze?


Die Inhalte des Anforderungscanvas dienen als Grundlage für die nächsten Schritte und sollen einen kompakten Überblick über das Projekt vermitteln. Die erhobenen Informationen sind außerdem die Grundlage für die Detailierung und Dokumentation der Anforderungen im Nachgang des Workshops.

Die Vorteile

  • Jede*r Teilnehmende wird direkt und unmittelbar einbezogen
  • Die Aufteilung der Leinwand in Bereiche gibt die Struktur
  • Umfang und Details des Projektes werden für alle klarer
  • Verständnisprobleme können sofort beseitigt werden
  • Frühzeitiger Abbau von Barrieren zwischen Abteilungen
  • Unstimmigkeiten werden auf Augenhöhe ausdiskutiert
  • Kein gemeinsamer Konsens zu einem Aspekt ist ein Indiz dafür, dass tiefer in die Materie vorgedrungen werden sollte

 

Und was kommt dabei raus?

Am Ende steht ein Gesamtergebnis, das einen initialen Überblick über das Projektvorhaben und für das weitere Requirements Engineering darstellt. Es bietet auch für alle weiteren Projektbeteiligten einen guten Überblick und einen ständigen Ankerpunkt bei der Entwicklung des Produktes.

Gemäß dem Motto „Sprechen hilft!“ bieten die geführten Diskussionen eine gute Grundlage. Stakeholder werden früh aktiv eingebunden und Konflikte können schneller identifiziert werden. Die Ergebnisse sind sofort für jeden Beteiligten sichtbar und können allen zugänglich gemacht werden.

Und selbst wenn am Ende kein gemeinsamer Konsens über Teile des Anforderungscanvas gefunden werden konnte, ist das ein wertvolles Ergebnis. Denn damit wurde bereits sehr früh und nicht erst (wie leider so oft) spät im Projektverlauf ein Konflikt aufgedeckt, der jetzt schon im Nachgang des Workshops gelöst werden kann. 

Und was machen wir dann mit dem Board?

Das Anforderungscanvas kann an prominenter Stelle im Projektbüro platziert werden. Durch die stete Anwesenheit kann sich jeder Beteiligte erneut auf das Ziel konzentrieren. Sollte sich etwas im Laufe des Projekts an den Inhalten ändern, so kann diese Änderung – am besten mit einem leuchtenden „Neu“-Sticker – direkt auf das Board übertragen werden und ist somit für jeden unmittelbar sichtbar. Das Anforderungscanvas sollte ein Teil der Informationen (neben Scrum Board, Burn-Down-Charts etc.) werden, die plakativ im Projektbüro dargestellt sind. Das hilft auch Außenstehenden sich schnell einen guten Überblick verschaffen.

Benno, Inge, Jens, Mirko und Luise sind sich nun jedenfalls einig: Canvas – kann was!

 

Die IKS Anforderungscanvas-Vorlage zum Download in DinA0 gibt es hier:

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